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RAMÓN SALAZAR BARRUL

Vorsitzender der Federación de Asociaciones Gitanas de Valladolid
(Dachverband der Gitano-Vereine Valladolids)

"Wenn man den Sinti und Roma Rechte einräumt,
erfüllen sie auch Ihre Pflichten"

Die spanische Königin, Doña Sofía, überreicht Herrn Salazar das Verdienstkreuz Cruz de Oro de la Solidaridad Social 2010
für sein Engagement bei der Integration seines Volkes

 

Von: Felíx Iglesias - Valladolid - 2011-06-01

Übersetzung von: Claudia Asensio

— Sie erhalten das Goldene Kreuz für Ihre Bemühungen zur Inklusion der spanischen Sinti und Roma. ¿Wie sieht Ihre Arbeit genau aus?

— 1971 begann ich, mit dem Secretariado Diocesano Gitano de Valladolid unter anderem auf den Gebieten Erziehung, Berufsausbildung und Wohnungsbeschaffung zusammenzuarbeiten. Es ist eine vielseitige Arbeit, an der sowohl Erzieher, Sozialarbeiter, Geistliche, Gitanos als auch Nicht-Gitanos mitwirken. Ich habe von den beteiligten Kollektiven immer Rückenstärkung erfahren, auch von anderen Einrichtungen, dem Rathaus Valladolids, mit dem uns bereits eine sehr lange Zusammenarbeit ebenso wie mit der regionalen Regierung, der Junta de Castilla y León, und auch mit der spanischen Regierung verbindet.

— Vierzig Jahre lang haben Sie für die Rechte Ihres Volkes gekämpft und sind Vorsitzender des Dachverbandes der Gitano-Vereine in Kastilien und Leon. Jetzt erhalten Sie diese Auszeichnung. Was empfinden Sie dabei?

— Ich war überwältigt, aber wenn ich ehrlich sein soll, auch sehr zufrieden. Auf jeden Fall, nehme ich diese Auszeichnung im Namen aller Gitanos und Nicht-Gitanos in Empfang, die uns unterstützen.

— Ausgrenzung, Wohnungsnot und Bildung sind nur einige der traditionellen Probleme der Sinti und Roma.
Sind das auch die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts?

— Die Wohnungsnot ist weiterhin ein schwerwiegendes Problem, noch verschärft durch die derzeitige Krise - für alle. Auf jeden Fall ist die Integration der "Gitanos" in höheren Mehrfamilienhäusern leichter, denn bei vielen Nachbarn fallen Sinti und Roma nicht mehr auf. In einem einstöckigen Haus zu leben bedeutet meist, das Straßenleben fortzusetzen, das einem traditionell nomadisierenden Volk anhaftet. Außerdem hat sich die Einstellung seitens der Sinti und Roma, was die Bildung für ihre Zukunft bedeutet, stark verändert, denn vorher glaubten viele nicht daran, dass sie lebenswichtig wäre. Jetzt studieren immer mehr Sinti und Roma an den Universitäten und machen ihr Diplom. Und schließlich wird eine bedeutende Arbeit für die Gleichbehandlung der Gitano-Frauen und gegen die Diskriminierung geleistet.

— Nichtsdestotrotz gibt es immer noch ziemlich viele Fälle, in denen die Mädchen von der Schule genommen werden, sobald ihre zukünftigen Ehemänner "um deren Hand anhalten".

— Es gibt immer noch einige Familien, die an diesem Brauch festhalten. Nicht-Gitanos haben immerhin 500 Jahre Zeit gehabt, um sich zu entwickeln und uns hat man in wenig mehr als 30 Jahren noch nicht die nötige Zeit eingeräumt, und trotzdem verändern wir uns rapid.

— ¿Steht dieses Datum für die Demokratisierung Spaniens?

— Vor der Demokratie, existierte das Gitano-Volk überhaupt nicht - es war unsichtbar. Sehen Sie, es gab ein Gesetz, das uns verbot, Anspruch auf eine Sozialwohnung zu erheben. Das gleiche galt für den Abriss von Häusern; man gab den Nicht-Gitanos neue Wohnungen, uns blieb nur übrig, in Slumhütten zu ziehen. Und das sagt ja wohl alles. Aber ich sage Ihnen eins: wenn man den Sinti und Roma Rechte einräumt, erfüllen sie auch ihre Pflichten.

— ¿Sind bereits erreichte Ziele von der Krise in Mitleidenschaft gezogen worden?

— Insbesondere bei den Wohnungen - ja, aber das gilt auch für viele andere Personenkreise. Außerdem, wenn die Arbeiter nichts mehr verdienen, kaufen sie auch nichts mehr an unseren Marktständen.

— Sie wohnen im Stadtviertel Belén in Valladolid, in dem sowohl Nicht-Gitanos als auch Gitanos leben. Ziehen alle an einem Strang, um das Zusammenleben in diesem Stadtviertel zu verbessern?

— Das Zusammenleben funktioniert gut. Jedenfalls muss ich sagen, dass Sinti und Roma nicht abgeschottet von der Welt leben. Aber es ist offensichtlich, dass kriminelle Handlungen von Nicht-Gitanos niedrigere Wellen schlagen als wenn sie ein Gitano begeht, denn dessen Herkunft wird immer unterstrichen.

— Eine Ihrer wichtigsten Aufgaben ist die des Familienmediators, vor allem bei den Sinti und Roma. Wäre es nicht sinnvoll, Mediatoren für die ganze Gesellschaft einzuführen, Gitanos oder nicht?

— Es gibt tatsächlich bereits Mediatoren, wie man so schön sagt, um Ehekonflikte zu schlichten. Der Mediator, oder wie wir sagen, Schlichter, ist sozusagen der Feuerlöscher, der den Konflikt erstickt, bevor noch mehr Öl ins Feuer geschüttet wird.

— Nach all diesen Jahren nehme ich an, dass sich die Gitanos auch zur Selbstkritik verpflichtet fühlen. Was müsste sich Ihrer Meinung nach ändern, um die Ausgrenzung zu verhindern?

— Das Volk der Sinti und Roma ist sehr stolz auf seine Traditionen aber es muss Haltungsweisen lockern, die verhindern, dass es an der Entwicklung der Menschheit Anteil hat, wie beispielsweise die Annahme, dass man aufhöre Gitano zu sein, wenn man zur Universität gehe.

Quelle: ABC

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